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Vor dem Aufblühen der Flammenbäume
Die ganze Nacht weinte die Erde,
ausgedörrt wie ein angebrannter Fladen.
Die ganze Nacht sausten die Wüstenwinde,
die Sand in alle Ritzen wehen,
Der Ozean riß sich die blauen Hemden herunter
und konnte dennoch keine Ruhe finden.
Nur der Himmel blieb ruhig und leer und blank
als sei nichts geschehen
und als sähe er nicht diesen Weltuntergang.
Die ganze Nacht heulte die Erde
oder waren es vielleicht die wilden Tiere
die durch Savannen und Wälder zogen
und starben an versiegten Wasserbecken.
Oder waren es Bäume, die sich bis zum Brechen niederbogen,
um mit den Blättern die trockene Erde zu lecken.
Nur der Himmel blieb grausam ruhig und licht
als wenn nicht alle nach Regen lechzten
und als sähe er diesen Schiffbruch nicht.
Die ganze Nacht wand sich die Erde in Krämpfen.
Oder vielleicht waren es Menschen die auf Regen warten
wie auf den Erstling, der sich im leblosen
Mutterleib verkrampft?
Vor Sonnenaufgang war alles matt
und schlief wo es gerade geblieben –
Mensch, Baum, Tier auf den Savannen.
Auf dem Ozean nur blaue Hemdenfetzen trieben.
Doch als die Sonne aufging so wie auf der Erde eine Wunde verdampft
(rote Blüten und Brände, Feuersbrünste in der Stadt)
Brachen auf auch die Blüten der Flammenbäume.
Aco Šopov, Gedicht der schwarzen Frau (Песна на црната жена), 1976
Gedicht übersetzt aus dem Makedonischen von Ina Jun-Broda, Schwarze Sonne, 2012